Gibt es in deiner Beziehung häufig Streit oder Ärger über das Thema Unordnung bzw. Ordnung?
Dann nervt das richtig. Das ist anstrengend, das ist unangenehm, das ist doof.
Aber zumindest bist du damit nicht allein. Laut Statistik ist der Nummer-eins-Grund für Streit in der Beziehung Ordnung bzw. Unordnung.
Und je länger das Paar zusammen ist, desto eher schafft es dieser Streitpunkt auf Platz 1. Bei Paaren, die über 5 Jahre zusammen sind, sind das ganze 52%, die angeben: “Ja, das ist der Nummer-eins-Grund, warum wir uns in die Haare kriegen.”
Gründe für Streit rund um Ordnung
Die Gründe, warum man über Ordnung oder Unordnung streitet, sind vielfältig.
Ein einfacher Grund ist: Unordnung ist sichtbar
Es lässt sich „so schön“ darüber streiten, weil man die Unordnung sieht: Der Teller, der nicht weggeräumt ist. Oder die Jacke, die niemand findet, weil sie eben nicht sichtbar, nicht da ist. Man hat sofort was Handfestes, worüber man sich auslassen kann, laut werden kann, rumnörgeln kann, wie auch immer so ein Streit ausgeprägt ist.
Das eigene Rollenverständnis
Ein anderer Grund ist das eigene Rollenverständnis. Siehst du dich selbst in der Rolle: „Ja, ich bin ja diejenige, die immer alles macht und alles wegräumt für alle, und die andere Person? Die macht ja gar nichts!“
Da hilft es, sich diese Brille mit den zwei Gläsern „Problem und Lösung“ oder „Nachteil und Vorteil“ aufzusetzen und die Situation anzuschauen.
ine Übung dazu findest du im „Ziele und Wünsche Workbook“, dass du dir im Tausch gegen deine E-Mail-Adresse herunterladen kannst.
Unterschiedliche Ordnungsbedürfnisse
Ein ganz maßgeblicher Punkt, der im Grunde die Ursache des Streits – unterschiedliche Meinungen, Wünsche und Sichtweisen – ist: Menschen haben ein unterschiedliches Ordnungsbedürfnis.
Punkt.
Es hat nicht jeder dasselbe Bedürfnis, wie ordentlich es sein muss. Jeder hat andere Ansprüche daran, was Ordnung für ihn machen soll.
Soll sie dein Leben praktisch machen?
Soll sie deine Wohnung schön machen?
Also, wofür hältst du überhaupt Ordnung?
Gehirne sind unterschiedlich gestrickt, ja, unterschiedlich angelegt. Dem einen fällt es leichter, da strukturiert ranzugehen, dem anderen fällt es schwerer. Diese Unterschiedlichkeit, die gilt es zu akzeptieren. Sie ist da.
Unklares System
Ein weiterer Grund kann sein, dass eine Person in dieser Partnerschaft festgelegt hat: So und so ist diese Ordnung. Und für diese Person, die die Ordnung festgelegt hat, ist diese Ordnung auch logisch (im besten Fall).
Aber diese Logik, das System, kann dem anderen oder der anderen nicht beigebracht werden, nicht vermittelt werden, oder es wird einfach gar nicht kommuniziert.
Das System ist nur für eine Person klar, und die andere versteht das System nicht und ist frustriert und ist dann vielleicht sogar abweisend: „Ich möchte das nicht verstehen, weil ich mach’s ja eh immer falsch.“
Und das ist ein ganz essenzieller Punkt: Wenn ihr gemeinsam Ordnung schafft und gemeinsam Plätze festlegt und gemeinsam ein System entwickelt, das für euch beide funktioniert; ein Ordnungssystem, bei dem es gar kein Rätselraten gibt, wo denn die Gummistiefel überhaupt sein könnten, dann hat jeder in der Partnerschaft die Möglichkeit, auch diese Ordnung wieder herzustellen und vor allen Dingen, diese Ordnung auch, aufrechtzuerhalten.
Absolute Unwissenheit in Sachen Ordnung
Wenn es nicht am mangelnden System liegt und nicht an den unterschiedlichen Ordnungsbedürfnissen und nicht daran, dass es ja so einfach ist, sich über Liegengelassenes und Nichtzurückgeräumtes zu streiten, dann kann es auch sein, dass eine Person einfach nie gelernt hat, wie Ordnung funktioniert.
Oder sich einfach wahnsinnig schwer damit tut, solche Abläufe zu wiederholen und strukturiert ranzugehen, sich nicht ablenken zu lassen, Zeit dafür freizumachen. Da gilt es dann, die Ursachen herauszufinden.
Spoiler: Es ist nie Faulheit.
Lösungsansätze
Kommunikation mit „Kleberle“
Wenn ihr beide daran interessiert seid, Ordnung zu schaffen, die ihr auch gemeinsam halten könnt, dann ist es wichtig, die Lösungen klar zu kommunizieren.
Labels, Beschriftung in Form von Aufklebern, können gerade zu Beginn, wenn ihr umgeräumt habt, helfen, zu sagen: „Ah, wir hatten uns ja entschieden, da kommt jetzt jenes hin, da kommt dieses hin. Schau doch noch mal, ich weiß auch nicht, ich glaube, dort hatte ich ‘Klettersachen’ hingeschrieben.“
Sprecht miteinander, seid geduldig miteinander und bedient euch den Hilfsmitteln, die ihr habt.
Deckungsgleiche Wünsche finden
Wenn einer von euch beiden, ein bisschen mehr an Bord ist als der andere, dann ladet euch das „Ziele und Wünsche Workbook“ herunter und füllt es erst einmal getrennt voneinander aus. Was wünscht sich jede:r von euch von mehr Ordnung? Wofür wollt ihr einzeln Ordnung?
Und dann kommt ihr wieder zusammen und gleicht das ab: „Okay, finden wir für jeden Bereich persönlich, Umfeld, Wohnung ein Ziel, das deckungsgleich ist?“
Meiner Erfahrung nach lässt sich mindestens ein gemeinsames Ziel finden.
Beginne bei dir selbst
Wenn dein Wunsch nach Ordnung viel viel größer ist als bei deiner/m PartnerIn, er/sie sagt: „Interessiert mich gar nicht, ich mache alles weiterhin so wie bisher, ich möchte mich da nicht dran beteiligen, hat nichts mit mir zu tun, für mich ist das alles gut so“, dann bleibt dir nur, erstmal vor deiner eigenen Haustür zu kehren.
Kümmer dich als allererstes um die Bereiche, die wirklich nur in deinem Machtbereich liegen.
Sind deine Klamotten aussortiert, aufgeräumt, ordentlich?
Hast du deine Wäsche im Griff?
Sind deine Papiere abgeheftet?
Weißt du, wo was ist? Gibt es ein System in deinen Ordnern?
Hast du alle deine Hobbyutensilien, weißt du, wo die sind, funktionieren die noch, haben die ein System, räumst du die immer wieder auf?
Kümmer dich als allererstes um deine Dinge. Gegenstände, die nur du benutzt, Sachen, für die du verantwortlich bist.
Erst wenn du damit komplett fertig bist, kannst du dich an Bereiche wagen, für die ihr beide verantwortlich seid, die ihr beide nutzt.
Lead by example
Und das Ganze – und das ist die Herausforderung – ohne Vorwürfe, auch ohne: „Schau mal, ich, ich habe ja jetzt mein Schrank aufgeräumt, siehst du, mein Schrank ist ja sauber und ordentlich und strukturiert, im Gegensatz zu deinem Schrank.“
Das ganze Negative, Vergleichende sein lassen und die neue Ordnung, die du in deinem Bereich geschaffen hast, für dich genießen.
Was dann nämlich wirklich häufig passiert in Partnerschaften und
auch in Familien ist, dass die anderen, die am Anfang nicht mitmachen wollten, plötzlich sehen: „Oh, sie oder er ist ja viel entspannter, findet morgens seine Klamotten, findet immer den Schlüssel, gerät nicht in Stress, wenn jemand fragt, wollen wir Schlitten fahren gehen, weil er oder sie genau weiß, da ist der Schlitten, da sind die Handschuhe.“
Und da wirst du dann zum Vorbild, aber lass es nicht raushängen.
Kompromisse und „Quatsch mir nicht rein“ Zonen
Am Ende ist eine Beziehung immer: Mittelwege finden, Kompromisse eingehen, sich auf halber Strecke treffen. Lässt sich dein/e PartnerIn nicht mitreißen, in den gemeinsam genutzten Räumen braucht es Kompromisse für diese Orte.
Bei einem Kompromiss bekommt niemand das, was er will. Soll heißen: Da herrscht nicht deine Ordnung, und nicht die des/ der Anderen, sondern irgendwas dazwischen. Und das müssen dann beide akzeptieren.
Probiert zusätzlich Räume zu schaffen, egal wie klein die Wohnung ist, in der jede/r seine Ordnung voll ausleben kann, ohne dass der andere reinquatscht.
Um was wird hier eigentlich gestritten?
Ganz wichtig bei diesem Zwist über (Un)Ordnung ist, herauszufinden, worum denn eigentlich gestritten wird.
Geht es wirklich um die Ordnung? Fehlt eine Grundordnung? Weiß niemand, wohin sie/er Dinge überhaupt zurückräumen soll? Gibt es diese Plätze nicht?
Wenn du deinem Partner /deiner Partnerin sagst: „Du hilfst nie aufzuräumen“, und er oder sie steht einfach da und sagt: „Ich würde ja, aber keine Ahnung, wo das hingehört, ich räum es halt einfach dahin, wo gerade Platz ist.“
Wenn das eine typische Unterhaltung ist, dann habt ihr ein Ordnungsproblem.
They are sisters, not twins
Oder habt ihr ein Haushaltsthema? Haushaltsführung und Haushaltsorganisation sind eng miteinander verwandt. Aber sie sollten klar auseinander gehalten werden, wenn ihr herausfinden wollt, wieso ihr immer wieder Knatsch miteinander habt.
Haushalt, das ist: Die Dinge sauber halten, die Dinge funktional halten. Das Geschirr in den Geschirrspüler ein- und ausräumen, Wäsche waschen, trocknen, bügeln, verräumen. Das sind Haushaltsaufgaben, die leichter gelingen, wenn eine Grundordnung herrscht.
Das Schöne an Haushaltsaufgaben? Sie lassen sich – im Gegensatz zu Ordnungsaufgaben – 1A definieren, benennen, abgrenzen und somit auch untereinander aufteilen.
Warum es sich lohnt, dieses Streitthema zu beerdigen
Streit ist nicht schön. Aber das Problem ist ja viel mehr, dass sich einer von euch beiden daran stört, dass es nicht die Ordnung herrscht, die sie/er sich wünscht.
Welche Auswirkungen hat das auf die Beziehung?
Diese Person ist unzufrieden mit der Situation, wie sie ist, fühlt sich vielleicht nicht wohl, fühlt sich gestresst und adressiert das. Die anderen Person fühlt sich dann aber auch nicht wohl und entspannt, weil ja permanent mitschwingt: „Du machst was falsch, du machst es nicht richtig, du bist nicht ordentlich genug, du hilfst mir zu wenig“.
Das schaukelt sich dann irgendwann hoch. Die Person, die es „nicht richtig“ macht in den Augen der anderen, fühlt sich auch permanent kontrolliert, auf Schritt und Tritt beobachtet und kann es ja irgendwann auch gar nicht mehr richtig machen, weil dieses Thema schon so verhärtet ist.
Der Einfluss auf Kinder
Wenn dann auch noch Kinder im Haushalt leben und diese Streitigkeiten mitbekommen, dann wird ihnen, wenn man nicht aufpasst, mitgegeben: „Aufräumen, Ordnung schaffen, Ordnung halten, das sind böse Themen, schlechte Themen, negative Themen. Da streiten die Erwachsenen permanent drüber.“
Das kann also irgendwie nichts Gutes sein. Ordnung wird negativ behaftet, wenn das im Alltag immer wieder ein Streitthema ist.
Ordnung als Langzeitprojekt
Dann gibt’s ja auch oft in der Beziehung diese angepeilten Wendepunkte, an denen man gemeinsam sagt: „Okay, wir machen es in Zukunft anders, wir gehen es jetzt an, ich möchte doch auch eine Lösung.“
Und dafür gehen dann oft Wochenenden drauf, Feiertage, Tage, Ferienzeit, um dann dieses Problem anzugehen. Ja, irgendwann solltet ihr die Ursache, also die Unordnung, die vielleicht nicht vorhandene Grundordnung, beseitigen, diese Ursache beseitigen, um dann dieses Streitthema nicht mehr zu haben.
Aber opfert dafür nicht die Freizeit, die ihr eigentlich als Paar miteinander verbringen wollt. Da helfen kleine Häppchen, immer mal wieder rangehen, wenn möglich, zusammen, in eine Richtung schauen. Das als Langzeitprojekt angehen.
Ich habe einige Paare im Ordnungscoaching, die ich begleite, in der Regel in Sessions, die zusammen stattfinden, und auch in Sessions, die getrennt stattfinden, wo jede/r seinen Bereich macht oder sich das Paar aufteilt: Der eine macht den Keller, der andere macht die Küche. Das funktioniert wunderbar. Wenn du dazu mehr wissen möchtest, es sind immer mal wieder Plätze frei im Ordnungscoaching.
Und jetzt hoffe ich, dass, wenn die nächste Statistik rauskommt, Ordnung und Unordnung nicht mehr auf dem Top-1-Platz ist.
Wenn du möchtest – ich weiß, diffiziles Thema –, schreib in die Kommentare, wie ihr das Problem gelöst habt oder wo es noch Probleme gibt. Hast du Tipps für andere? Ich freue mich auf die Diskussion in den Kommentaren.
Viele ordentliche liebe Grüße,
Deine Sarah
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