Den ganzen Tag rede ich über Ordnung. Aber was ist „Ordnung“ eigentlich?
Ordnung, dieses Wort, das ständig um uns herumschwirrt, die einen – wie mich – ganz freudig kribbelig macht, während sich bei anderen ein unangenehmes Ziehen in der Magengegend bemerkbar macht.
Schauen wir mal etwas genauer hin.
Ordnung in Social Media: Trendthema und Ordnungshype
Ordnung ist momentan total angesagt, vor allem in den sozialen Medien. Dort werden uns diese makellosen Bilder von organisierten Räumen und perfekt gestalteten Vorratsschränken präsentiert.
Keine Frage: Mein Auge mag das auch total. Aber weißt du, was das auch mit sich bringt? Einen riesigen gesellschaftlichen Druck.
Es wird suggeriert, dass wir alle unser Leben so führen, bzw. unsere Vorratsschränke so einrichten sollten, sonst sind wir nicht gut genug. Machen ja schließlich alle so?!
Ja, ich verstehe, das ist ästhetisch ansprechend, wenn Bücher nach Farben sortiert sind und Gewürzgläser mit schönen Schriften in den Schränken stehen. Das ist die visuelle Darstellung von Ordnung, die auf den ersten Blick beeindruckt und sich so auch am besten transportieren lässt.
Am Ende ist es wie überall in der Werbung: Knallen muss es! Du kennst sicher diese Werbungen, in denen Frauen Antifaltencremes ab 60 werben, selbst aber höchstens 35 Jahre sind. Das braucht es auch in der Werbung– gerade auf bildstarken Social-Media-Plattformen.
Wenn ich Vorher-Nachher-Fotos von meinen Kunden zeige, sieht man zwar eine Veränderung, aber oft fehlt dieser „WOW-Effekt“ für jemanden, der nicht dabei war.
Warum? Bei mir geht es eher darum, praktische und pragmatische Ordnung zu schaffen, die mit dem arbeitet, was schon da ist. Das sieht dann nicht so krass aus von dunkel, chaotisch und staubig zu weiß, hell und glänzend.
Weiß, hell und glänzend: Das ist die offensichtlichste öffentliche Darstellung von Ordnung und die Ästhetik, bei der jede*r gleich erkennt und das schon nur beim Drüberscrollen: „Ach, hier geht’s um Ordnung und Struktur!“
Nach und nach kommen immer mehr Accounts, die dazu ermutigen, normale Wohnungen, in denen man den Alltag auch sieht zu normalisieren. Aber da muss man dann eben aufhören zu scrollen, zuhören, sich drauf einlassen, um die individuelle Ordnung, die nicht der shiny-white-plastic-Ästehtik entspricht, zu erkennen.
Gesellschaftliche Wahrnehmung von Ordnung im deutschsprachigen Raum
Schauen wir uns mal an, wie Ordnung im deutschsprachigen Raum, insbesondere in Deutschland, betrachtet wird. Meine Einblicke in die Schweiz und Österreich sind begrenzt, daher beschränke ich mich auf Deutschland.
Einerseits scheint Ordnung eine Art deutsche Tugend zu sein. Wird im Ausland über Deutschland berichtet, fallen gleich nach Bier, Brezeln und Autos Ordnung, Struktur und Regeln als Schlagworte.
Die Deutschen gelten als ordentlich, gute Hausfrauen und -männer, die Sauberkeit und Ordnung schätzen. So sagt man.
Andererseits sind wir ein Land, in dem statistisch gesehen etwa jeder 40ste Betroffene*r der Wertbeimessungsstörung (umgangssprachlich als Messie-Syndrom bekannt) ist.
Jede*r 40ste auf dem einen Extrem der Skala, bedingt durch das krankheitsbedingte Nicht-Loslassen-Können:
Und das Spektrum ist groß: Von extrem ordentlich bis zu eher nachlässig bis zur pathologischen Unordnung – da ist viel Raum für Ordnung, abseits vom Klischee.
In der öffentlich gelebten Diskussion haftet Unordnung leider immer noch ein Stempel der Faulheit oder Unfähigkeit an.
Unordnung ist ein Tabuthema, weil die Vorstellung, dass Deutsche grundsätzlich ordentlich sind, in unseren Köpfen verwurzelt ist und über Generationen weitergegeben wurde.
„Warum hat diese Person das nicht gelernt? Aufräumen kann doch jeder!“
Als Gesellschaft sollten wir anfangen, der Realität ins Auge zu blicken, dass eben nicht alle dem Klischee entsprechen. Und manche unter dem Druck, den das Klischee erzeugt, ernsthaft leiden. Und es wieder anderen – zu Recht ! – schlichtweg egal ist, was andere darüber denken, wie es bei Ihnen Zuhause aussieht.
Meine persönliche Sicht auf Ordnung
Ich habe bereits zu Beginn erwähnt, dass diese „instagrammable“ Ordnung nicht so mein Ding ist.
In meiner Wohnung bin ich dafür viel zu pragmatisch und weit entfernt von schicken Designer-Ordnungslösungen. Ich stehe auf Secondhand-Möbel und -Kleidung. Ich kaufe nicht gerne neue Sachen. Das ist einfach mein persönlicher Umgang mit den Dingen.
Ordnung bedeutet für mich vor allem vorbereitet zu sein, bzw. spontan reagieren zu können. Wenn ich eine gewisse Grundordnung in meinem Leben habe, dann bin ich bereit für spontane Einladungen oder unerwartete Ereignisse.
Wenn jemand sagt, „Lass uns Schlitten fahren gehen“, kann ich sofort reagieren, weil ich weiß, wo der Schlitten ist, wo meine Winterschuhe liegen und wo meine warmen Socken aufbewahrt werden. Genauso kann ich auf eine spontan angekündigten Besuch reagieren und sagen: „Gib mir fünf Minuten, dann ist hier aufgeräumt.“
Für mich ist Ordnung ein Werkzeug, das meinen Alltag erleichtert. Unordnung hingegen macht ihn komplizierter und belastet mich. Um diesen Zustand der Ordnung aufrechtzuerhalten, sorge ich für eine gewisse Grundordnung, damit ich meine Sachen finde und mich in meinem Zuhause wohlfühle.
Das erstreckt sich auf verschiedene Lebensbereiche. Ein reduziertes Leben, wie zum Beispiel 1-Meter Kleiderschrank und eine Kommode statt den früheren 5-Laufmetern plus 2 Kommoden, bedeutet für mich persönlich eine große Freiheit. Weniger Dinge bedeuten weniger Entscheidungen und weniger Aufwand. Das ist meine Definition von Ordnung: Sie ist ein Werkzeug.
Und wie sieht’s bei dir aus?
Weißt du, was Ordnung für dich bedeutet und welche Glaubenssätze du möglicherweise über Ordnung hast? Manchmal sind unsere Überzeugungen zu einem Thema nicht einmal die eigenen, sondern wir haben sie einfach von anderen übernommen.
Vielleicht haben deine Eltern dir immer gesagt, wie wichtig Ordnung ist, und diese Überzeugungen sind in deinem Hinterkopf gespeichert.
Oder gab es früher Kritik an deiner Ordnung, und das hat einen Einfluss auf deine heutige Einstellung dazu.
Schau mal in dein Umfeld, sei es deine Familie, deine Beziehung, deine Freunde oder Nachbarn. Welche Rolle spielt Ordnung dort?
Und noch interessanter, was denkst du, dass sie über deine Ordnung denken? Wie wichtig ist dir die Meinung anderer in Bezug auf deine Ordnung?
Wenn du darüber nachdenkst, dass du ordentlicher sein möchtest, was kommt dir in den Sinn? Welche Gedanken und Gefühle tauchen auf?
Um dir bei dieser Reflexion zu helfen, empfehle ich dir, das „Ziele und Wünsche Workbook“, das du im Tausch gegen deine E-Mail-Adresse herunterladen kannst.
Mit diesem Workbook kannst du eine kurze Analyse deiner aktuellen Position zum Thema Ordnung durchführen und tiefer in deine Einstellung eintauchen.
Finde heraus, was Ordnung für dich persönlich bedeutet und welche Veränderungen sie in deinem Leben ermöglichen könnte. Welche Bereiche könnten davon profitieren? Dieser Schraubenschlüssel, dieses Werkzeug namens Ordnung, kann angerostete Schrauben lösen oder etwas wieder fest anziehen, um deinen Alltag zu erleichtern, deine Hobbys wieder aufleben lassen, dir helfen andere Beziehungen zu pflegen und deine Leistungsfähigkeit in deinem Job oder in Fortbildungen steigern.
Ich bin wirklich gespannt, was Ordnung für dich bedeutet. Lass es mich in den Kommentaren wissen. Ich freue mich auf den Austausch.
Viele liebe ordentliche Grüße,
Deine Sarah
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