„Räum jetzt endlich dein Kinderzimmer auf!” , “Bevor das Zimmer nicht aufgeräumt ist, gehst du heute nicht raus.”, „Hier sieht es schon wieder aus wie im Schweinestall”.Kommt dir das irgendwie bekannt vor?
Ein häufiger Grund für Knatsch, schlechte Laune und Frust in Familien mit Kindern ist das unaufgeräumte Kinderzimmer und der Widerwille der Kinder, das Zimmer aufzuräumen.
Wie lässt sich dieser Frust vermeiden?
Moment: Darf eine kinderlose Ordnungsexpertin Tipps zum Kinderzimmer aufräumen geben ?
Ja, ich darf das, weil erstens war ich selbst mal ein Kind.
Und zweitens, wenn wir davon ausgehen, dass Kinder einfach kleine Menschen sind, die noch nicht gelernt haben – weil sie noch zu jung sind – wie aufräumen und Ordnung schaffen eigentlich gelingt, dann kann ich aus dem Nähkästchen plaudern und Tipps weitergeben.
Denn ich arbeite hauptsächlich mit Erwachsenen, die nie gelernt haben, wie Ordnung funktioniert oder wie Ordnung für sie funktioniert.
Deswegen behaupte ich, dass sich die folgenden fünf Tipps auf Kinder anwenden lassen.
Kindheitserinnerung: Zimmer aufräumen
Aber erinnern wir uns zunächst einmal zurück: Wie war das bei dir damals?
War das bei dir so, dass die Kinderzimmertür aufgemacht worden ist und dann hieß es: ‘Jetzt musst du aufräumen,’ und dann ging die Tür wieder zu?
Und dann standest du vielleicht etwas ratlos in deinem Zimmer, weil: Was heißt denn aufräumen? Wann ist denn die Aufgabe erfüllt? Vielleicht hast du auch einfach die Sachen irgendwo hin gestopft, eventuell sogar unter das Bett; das war ja der Trick Nummer eins. Einfach damit dann Ruhe ist – der Boden frei, das Bett frei, der Schreibtisch frei – und du endlich raus zum spielen durftest.
Das hat sich nicht gut angefühlt. Ordnung schaffen, aufräumen war eine Bestrafung oder zumindest etwas Negatives und etwas, wo du völlig ratlos warst. Und genau das wollen wir nicht.
So wollen wir es nicht machen, nicht mit Kindern und nicht mit Erwachsenen.
Aufräumen darf Spaß machen. Aufräumen darf Normalität sein, sollte Normalität sein und darf leicht gehen. Doch wie gelingt das?
Persönlichkeit: Was die Spielweise deines Kindes verrät
Nicht nur wenn wir unsere Kinder anschauen, sondern auch, wenn wir den Partner oder die Partnerin betrachten und das Verhältnis zur Ordnung:
Es hilft ungemein anzuerkennen, dass das Bedürfnis nach Ordnung von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist.
Unsere Gehirne sind unterschiedlich, Informationen werden unterschiedlich verarbeitet und wahrgenommen.
Beobachte dein Kind: Wie tickt dein Kind? Wenn es z.B. am liebsten Klamotten anzieht, die auf einem Kleiderbügel sind, statt die, die irgendwie in der Schublade sind und das Kind gerne die Bücher auf dem Boden ausbreitet, könnte es sein, dass dein Kind auch sonst ein sehr visueller Typ ist?
Und genau diese Art von Ordnung braucht, die Dinge sehen zu können, um sie zu nutzen.
Kindlicher Blick aufs Kinderzimmer
Du kannst auch mal ein Experiment wagen: Geh mal auf Augenhöhe mit deinem Kind, und zwar physisch, setz oder knie dich hin, je nachdem, wie groß dein Kind ist, und betrachte mal das Kinderzimmer aus diesem Blickwinkel, der etwas kleiner ist als du.
Wie wirkt dieses Kinderzimmer? Ist da alles gut erreichbar? Ist das auf Augenhöhe? Ist das gut greifbar?
Und was für einen Eindruck macht’s auf dich?
Ist das angenehm, übersichtlich, fühlt man sich da geborgen?
Oder sind da meterhohe Regale, die dich – von dieser kindlichen Perspektive aus – zu erdrücken drohen?
Erziehung oder Ego – um was geht’s hier?
Um was geht es dir als Elternteil eigentlich gerade, wenn dein Kind sein Zimmer aufräumen soll? Möchtest du, dass dein Kind einen Rückzugsort hat, einen Ort zum Spielen, Toben und Kuscheln?
Oder geht es dir darum, dass das Zimmer picobello ist?
Geht es dir darum, was die Besuchskinder ihren Eltern erzählen?
Geht es dir darum, dass ein Kinderzimmer so aussehen soll wie im IKEA Katalog?
Was an deinem Auftrag ‘Räum jetzt dein Zimmer auf’ hat mit dem Wunsch des Kindes und den Bedürfnissen des Kindes zu tun und was hat mit deinen Bedürfnissen zu tun?
Das spült dich direkt wieder zurück zu Nummer eins: Menschen und ihr Bedürfnis nach Ordnung sind sehr unterschiedlich.
Die individuelle Ordnung verstehen und gestalten
Es muss deine Ordnung sein, es muss für dich Sinn machen, es muss für dich funktionieren. Das gilt für alle Menschen, klein oder groß, alt oder jung.
Ordnung heißt, vorbereitet zu sein. Dinge schnell finden können und einfach darauf zurückgreifen zu können.
Was eine Kategorie ist, was zusammengehört, wo es seinen Platz hat, das kann immer nur die Person entscheiden, die das auch benutzt oder bespielt.
Während für dich vielleicht Sinn macht, dass Legos, Bauklötze und Matchbox Autos jeweils getrennt voneinander in einer Kiste landen, könnte es sein, dass dein Kind findet: ‘Nö, alles was Rollen hat, ist eine Kategorie, weil damit rase ich durchs Zimmer.’
Sprecht miteinander und beobachte mal dein Kind beim Spielen, um herauszufinden, was wird mit was bespielt, was gehört zu was?
Die Bedürfnisse im Kinderzimmer verstehen
Räume und Gegenstände sind dazu da, um uns zu dienen, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen.
Welche Bedürfnisse hat dein Kind? Welche Zwecke soll das Kinderzimmer erfüllen und wie wird das am einfachsten, am besten, am praktikabelsten umgesetzt?
Wahrscheinlich gibt es das Bedürfnis nach Rückzug, nach Ruhe, nach Schlafen, nach Kuscheln, das Bedürfnis nach Spielen und Toben, Platz, um herumzutollen, um alles herauszuholen und zu bespielen. Aber auch das Bedürfnis, mal in Ruhe zu basteln oder ablenkungsfrei am Schreibtisch zu lernen.
Beobachte dein Kind und schau dir das Verhalten deines Kindes an.
Was macht das Kind gerne, und was braucht es für eine Umgebung dafür?
Dann ergeben sich daraus auch die Plätze, wo welche Gegenstände im Kinderzimmer am besten aufbewahrt werden.
Vorbild sein: Freude am Kinderzimmer aufräumen fördern
Sei ein Vorbild. Mach Aufräumen zur Normalität. Aufräumen bedeutet, die Dinge wieder an ihren festen Platz zurückzuräumen, und das gelingt eben nur dann, wenn die Dinge ihren festen Platz haben und wenn man das relativ regelmäßig macht.
Begleite dein Kind dabei, mach das zu einem schönen normalen Alltagserlebnis. Hol Aufräumen aus dieser negativen Ecke.
Wenn alles aufgeräumt ist, lässt sich morgen viel schneller wieder spielen, oder schneller kochen oder schneller das Bad benutzen.
Räumt zusammen das Kinderzimmer auf, aber räumt auch zusammen die Küche auf.
Dafür ist notwendig, dass du ein Vorbild bist, dass du deine Ordnung gefunden hast und vorbildlich vorangehst, die Sachen wieder an ihrem Platz zurückzuräumen.
Dann kann es gelingen, dass das Ordnung halten eine kurzweilige selbstverständliche Tätigkeit wird, die du deinem Kind mit auf den Weg gegeben hast und von der dein Kind sein Leben lang profitieren wird.
Jetzt freue ich mich auf die Diskussion in den Kommentaren. Waren das absolut realitätsfremde Tipps von einer kinderlosen Frau, oder konntest du da etwas mitnehmen?
Und wenn das alles nicht funktioniert, dann verrate mir doch auch warum. Ich lerne immer gerne dazu. Ich freu mich auf den Austausch in den Kommentaren.
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