Wie ich zur schwäbischen Marie Kondo wurde. Und warum.


Aus Japan um die ganze Welt
Manchmal frage ich mich, was ich und manche meiner KollegInnen heute mit unserer Zeit anfangen würden, hätte es sie nie gegeben. Die Rede ist von Marie Kondo, der japanischen Ordnungsexpertin. Sie hat vor ungefähr 20 Jahren eine weltweite Bewegung ins Leben gerufen, in der es ums Reduzieren aufs Wesentliche, ums Aufräumen und Halten der Ordnung geht, um das Entfachen von Freude und darum,wie wir unserer idealen Lebensvision näher kommen könnten.
Meine Kinderschuhe
Als Kind habe ich am liebsten mit Puppenstuben gespielt. Und wenn mir der Platz für die Püppchen ausging, bastelte ich aus Schuhschachteln meine eigenen Puppenstuben – mit Geschenkpapier als Tapete und Möbeln aus Karton. Eigentlich eine klare Sache, dass ich irgendwann daraus einen Beruf machte. Ich habe von der Pike auf gelernt, wie ein Haus funktioniert und aufgebaut ist, wie man Wände gestaltet, Küchen und Bäder plant – und wie man Farben, Texturen und Stilrichtungen einsetzt, damit sich die Bewohner wohlfühlen und in ihrem Heim wiedererkennen.
Meine Firma heißt BEE Home Design. Einmal, weil mein Anfangsbuchstabe das „B“ von Brenner ist. Und dann mag ich diese Tierchen, weil sie fleißig sind – und perfekte Häuser bauen.
Kreative Chaotin
Diese Tätigkeit als Interior Designerin ist sehr kreativ – und leider teilte ich mit vielen Kreativen die dumme Angewohnheit, bei der Arbeit ein Riesendurcheinander anzurichten. Tapeten-, Stoff- und Fliesenmuster, Grundrisse, Design- und Kundennotizen, Moodboards und jede Menge Inspirationsbeispiele nahmen schnell Ausmaße an, die sich ohne ausgeklügeltes Ordnungssystem in eine Springflut verwandelten, in der man einfach unterging.
Ich erklärte das mit Sätzen wie: „So bin ich halt!“ oder „Ich brauch das, um kreativ zu sein.“ Wie praktisch. Und man nahm mir das üblicherweise auch ab. Wenn ich aber ehrlich bin, fühlte ich mich in dem Chaos zutiefst unwohl.
Deshalb schob ich Aufgaben gerne vor mir her. Die Vorstellung, morgens in ein chaotisches Atelier zu gehen und erst mal alles wiederzufinden, um da weiterzumachen, wo ich am Abend zuvor aufgehört hatte, machte mich sehr, sehr müde.
Wenn dann der Abgabetermin näher rückte, musste plötzlich alles sehr schnell gehen. Ich räumte dann in einer Panikattacke auf, ordnete, arbeitete – in einem Rutsch. Und danach ärgerte ich mich über die verlorene Zeit, die mir niemand zurückbrachte. Bis zum nächsten Projekt. Wo alles wieder von vorn begann.
Ein Buch und ein radikaler Umbruch
Als Einrichtungsprofi legt man sich regelmäßig die jeweils angesagte Fachliteratur zu – und stellt sie ins Regal. So machte ich das auch mit einem Buch namens Magic Cleaning von einer gewissen Marie Kondo. Und wurschtelte mich weiter durch mein sympathisches, kreatives Chaos, ohne ernsthaft hineinzulesen.
Es ist schon interessant, wie sehr man nicht sieht, dass man ein Ordnungsproblem hat – selbst wenn man ein Buch besitzt, das einem genau das sagen will.
Bis eines Tages alles zusammenbrach – und ich mit über 50 noch einmal ganz von vorne anfangen musste. Die Details lasse ich hier mal aus. Vielleicht ist mir irgendwann danach, darüber zu schreiben.
Kurz gesagt: Ich musste mein Leben auf Reset stellen und recht bald mit einem Konzept aufwarten, wie es nun weitergehen sollte. Mein Job brauchte einen Neustart, ich musste umziehen, Beziehungen gingen in die Brüche – und mir ging es nicht gut.
Da fiel mir wieder dieses Buch in den Schoß – und das Wort MAGIC sprang mir ins Auge. Genau das – und nicht weniger – brauchte ich jetzt: Magie.
Ich begann zu lesen und war überrascht, dass ein so banales Thema wie Ordnung dermaßen spannend und bereichernd dargestellt werden konnte.
Ich las über das Visualisieren meines idealen Lebens. Wie stelle ich mir mein ideales Leben vor, ginge es nur nach mir?, wurde ich gefragt. Eine zu jenem Zeitpunkt für mich fast überwältigend unerreichbare Aufgabe.
Ich las, dass ein Zuhause aus Dingen bestehen sollte, die bei mir Freude entfachen. Does it spark joy? ist der Kernsatz der Marie-Kondo-Methode.
Als Einrichtungsberaterin hatte ich die Heime meiner Kund*innen stets nach stilistischen, trendigen Kriterien und mit Blick auf Bequemlichkeit eingerichtet. Aber mir war nicht klar, wie tiefgreifend und weitreichend das Konzept der Freude tatsächlich ist.
Frau KonMari
Die Ordnungsexpertin Marie Kondo – oder Frau KonMari, wie sie von Freundinnen genannt wird – ist ein elfengleiches, altersloses Wesen, aufgewachsen in beengten Tokioter Verhältnissen, und bereits in frühester Kindheit von Ordnung und Struktur nahezu besessen.
Sie ließ sich dabei von ihrer Großmutter inspirieren, die jeden Teil ihres überschaubaren Besitzes wie einen Schatz hütete und pflegte.
In späteren Jahren eignete Marie sich jedes erdenkliche Wissen über Ordnung, Einrichtung, Wertschätzung und die Pflege von Gegenständen und Heimen an.
Japan ist bekannt dafür, jeden Lebensbereich als Kunstform zu zelebrieren: Origami – das kunstvolle Falten von Papier, Ikebana – das Blumenstecken, das Arrangieren von Sushi, die schlichte Einrichtung mit Tatami-Matten, Futons und Schiebetüren aus Reispapier. Auch Ordnung und Reduktion sind fester Bestandteil der japanischen Kultur.
Im Geist dieser Traditionen räumte Marie unermüdlich die Zimmer ihrer Familie, die Studentenzimmer ihrer Kommilitoninnen und die Schreibtische ihrer Arbeitskolleginnen auf, bis sie ihre einzigartige Methode perfektionieren – und davon leben – konnte.
Ich glaube, sie hätte am liebsten die ganze Welt aufgeräumt, musste aber feststellen, dass sie das allein nie schaffen würde. Also begann sie, ihr Wissen niederzuschreiben und andere Aufräumexpert*innen auszubilden.
Die schwäbische Marie Kondo
Ein paar Kapitel später begann ich bereits, meine Kleider – und alles, was irgendwie dazugehörte – auf mein Bett zu türmen, um auszuwählen, was mir noch echte Freude bereitete.
Da flog aber hallo einiges raus! Und es war toll! Ich bemerkte am eigenen Leib, dass ich in meinem Leben etwas zu sagen hatte.
Für manche mag das banal klingen, aber für mich – als waschechte People Pleaserin – war das der Startschuss in eine schier unermessliche Freiheit, die einzig und allein unter meiner Regie geformt wurde.
Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich wieder so etwas wie Begeisterung und Spaß!
Ich arbeitete mich durch die nächsten Kategorien – und dreißig Müllsäcke später wusste ich, wie ich meinen Beruf wiederbeleben konnte:
Indem ich dieses unfassbare Gefühl von Freiheit und Selbstfürsorge an meine Kund*innen weitergeben wollte.
Also meldete ich mich zum nächsten Consultant-Workshop an, um alles über die Methode zu lernen. Im November 2019 machte ich mich auf den Weg nach New York und durfte dort – zusammen mit wundervollen Menschen aus aller Welt – Marie Kondo persönlich kennenlernen und meine Ausbildung absolvieren.
Dieses Abenteuer war für sich allein genommen schon eine unglaubliche Bereicherung – und verlieh meinem Leben ordentlich Glanz und Gloria. Ich lernte auch ein oder zwei Dinge über meine Komfortzone: Wachstum findet eben nur außerhalb von ihr statt.
Im Januar 2020 wurde ich dann – als erste ihrer Art in Baden-Württemberg – offiziell als KonMari®-Consultant zertifiziert und arbeite seither – steinglücklich – mit meinen Kund*innen daran, ihren Besitz auf die für sie passende Menge zu reduzieren.
Dabei geht es mir nicht darum, einen perfekten Haushalt zu schaffen, sondern um den rebellischen Akt, das eigene Leben zurückzuerobern – und sich dem idealen Lebensstil Schritt für Schritt zu nähern.
Und ich liebe jede Minute davon.
Ein Großteil meiner Kundinnen sind Pädagoginnen, arbeiten in sozialen Berufen, im Gesundheitssystem oder sind selbst kreativ tätig.
Es ist mir eine Ehre – und ein Fest –, all diese wertvollen, eigensinnigen Individuen auf ihrem Weg zur Selbstverwirklichung begleiten zu dürfen.
Was noch kommt
Mittlerweile darf ich mich KonMari® Master Consultant nennen und konzentriere mich zunehmend darauf, meine Erfahrung und mein Wissen in Online-Produkte zu verwandeln. So können auch Menschen, für die ein Vor-Ort-Coaching momentan nicht infrage kommt, ihr Zuhause in einen aufgeräumten, freudvollen Ort verwandeln – und dadurch ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten.
Vor-Ort- und Online-Sessions mit mir gibt es selbstverständlich weiterhin. Darüber hinaus halte ich regelmäßig Vorträge und Workshops zu den Themen Ordnung, Selbstfürsorge und Nachhaltigkeit.
Wenn du das Gefühl hast, dass da noch mehr geht in deinem Leben – und du genug hast vom täglichen Kampf gegen das Gerümpel – dann sollten wir uns vielleicht zusammentun.
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