Der innere Grundriss
Man kann sich „ein Zuhause sein, in dem die Seele gerne wohnt“ oder sich „in seinem Körper zuhause fühlen“: Es gibt viele Parallelen zwischen dem äußeren Raum, in dem wir wohnen, und unserem Innenraum, Innenleben, in dem die Organe „wohnen“, unsere Gedanken, und eben unsere Seele. Ein Konzept im Rahmen der Biographiearbeit ist zum Beispiel, dass den Altersspannen einer bestimmten Entwicklungsstufe Räume in einem Haus zugeordnet werden. Typischerweise beginnt es im Erdgeschoss (Kindheit, Jugend) und arbeitet sich vor bis zum Dachgeschoss (hohes Alter). Anhand des Konzeptes kann man den Zusammenhang der einzelnen Lebensphasen in der Tiefe verstehen lernen und auch für die Zukunft Erkenntnisse gewinnen. Es macht die „geheime Choreographie des Lebens“ sichtbar, schreibt Susanne Hofmeister, Autorin des Buches Mein Lebenshaus hat viele Räume. (Welches ich noch nicht gelesen habe. Allerdings kenne ich Wo stehe ich und wo geht’s jetzt hin?, ebenfalls ein Buch zur Biographiearbeit, das ich sehr gerne gelesen und dem ich erhellende Einsichten zu verdanken habe.) Wir haben also einige Anknüpfungspunkte zu Räumen, kann man sagen, weshalb ich auch die Idee des inneren Grundrisses von Martina Goernemann spannend fand. Frage dich mal:
- Wie sehen meine inneren Räume aus? Ist mein Grundriss veränderbar oder eher starr?
- Wo sind Wände gezogen? Welche sind unbedeutende Raumtrenner und können schnell abgebaut werden? Welche sind so fest verankert, dass sie sich nicht einreißen lassen? Welche verstellen den Blick und erzeugen ein Gefühl für Enge?
- Wie sieht es mit der eigenen Seelenstatik aus? Welche Balken dürfen nicht weggenommen werden, weil sonst alles in sich zusammenbräche? Und welche Last drückt am meisten aufs Gebälk? Ist das Fachwerk schon so wackelig, dass jemand etwas Stahl einbauen müsste? Benötige ich größere Renovierungsarbeiten?
Die Baseline des Glücks
Kürzlich las ich etwas, von dem ich immer wusste, dass es wahr ist, das ich aber bis dahin nicht benennen konnte: Wir haben eine Baseline für unser Glücksempfinden, „ein Grundniveau, auf das wir immer wieder zurückkehren – unabhängig davon, welche Freude oder Sorgen wir in der Zwischenzeit durchleben.“ (Worte von Brianna Wiest in ihrer Essaysammlung The Truth About Everything). Wenn das stimmt, bedeutet das, dass es weniger auf große Gewinne, außergewöhnliche Abenteuer oder eklatante Erfolge ankommt. Natürlich ist es ziemlich nice, im Lotto zu gewinnen, seine Traumhochzeit zu feiern oder befördert zu werden. Aber schon nach einer verhältnismäßig kurzen Phase der Euphorie wird unser Glückslevel sich wieder im gewohnten Bereich einpendeln. Viel schlauer wäre es, die Baseline an sich anzuheben. Ein höheres Glückslevel als Normalzustand sozusagen. Und dafür brauchen wir die einfachen, alltäglichen Dinge und Routinen. Denn die machen in Summe unser Leben aus. Und wo finden wir einfache, alltägliche Dinge und Routinen? Genau, bei uns zuhause! Wenn wir an dem, was uns täglich umgibt, soweit schrauben, dass es uns glücklich macht und erfüllt, werden wir uns insgesamt glücklicher fühlen. „Du musst an der Baseline arbeiten. Das lässt sich am besten durch die kleinen alltäglichen Dinge machen, die dir ein gutes Gefühl vermitteln. Sie scheinen klein und unbedeutend, als ob sie am Ende nicht zählen würden, doch das tun sie, denn am Ende geht es darum, dass du genau jetzt glücklich bist.“, schreibt Brianna Wiest. Unser Zuhause als Baseline-Booster. Das ist das, was ich die ganze Zeit in meinen Blogartikeln zu vermitteln versuche! Mir fehlte bis jetzt nur die entsprechende Formel. Dank der Theorie mit dem Glücks-Grundniveau habe ich sie jetzt: Happy Home = Happy Me.
Das unglaublich viele Wohnen verschönern
Wir alle wohnen ziemlich viel und ziemlich oft. Wir wohnen, wenn wir fernsehen, wenn wir Serviettenknödel zubereiten, wenn wir Aufnäher über Löcher im Stoff bügeln. Wir wohnen sogar, wenn wir im Home Office sind oder die Garage putzen. Mehrere Stunden am Tag, unzählbar viele Stunden unseres Lebens wohnen wir. Vielleicht meinte Michael Ende das, als er Die unendliche Geschichte schrieb: In unseren eigenen vier Wänden verbringen wir unglaublich viel Zeit! Also lasst uns das Wohnen so schön wie möglich machen! Wie? Hier kommen Ideen:
SOUL IT UP. Wohnungen haben nicht von Haus aus eine Seele. Sie müssen beseelt werden. Von dir! Und zwar nicht mit Wandtattoos, die „Live, Laugh, Love“ skandieren, sondern indem man dasselbe tatsächlich praktiziert: Leben, Lachen und Lieben. „Seele ist nicht käuflich. Seele muss man machen!“, schreibt Martina Goernemann. Und wie recht hat sie! Füll die Penny-Seife in einen hübschen Seifenspender deiner Wahl, nimm den Käse aus der Verpackung, bevor du ihn auf den Tisch stellst, gönn dem Basilikum einen tönernen Topf. Die Seele will genährt werden! Übrigens ist Unordnung generell auch ein ziemlicher Seelentöter. Es ist sogar bewiesen, dass eine chaotische Küche dazu anregt, häufiger zu Süßigkeiten zu greifen. Die Unordnung verursacht eine Haltung von „Ist eh egal“ oder „Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an“, was letztendlich eine geringere Widerstandskraft zur Folge hat. Also, räum deine Wohnung auf und gib deiner Seele Schönes, an dem sie sich ergötzen kann!
EIN RECHT AUF KREMPEL. Um das gleich mal klarzustellen: Das Gegenteil von Unordnung ist nicht Minimalismus. Du darfst Dinge besitzen! „Der Mensch hat Erinnerungen und nicht alle kann er im Kopf oder Herzen aufbewahren. Manche brauchen ein Regal, um sie aufzustellen.“ (Martina Goernemann). Achte nur darauf, dass die Dinge, die du besitzt, dir Freude bereiten. Wenn du etwas von Herzen magst (und nicht nur hast, weil du jemandem gefallen willst, irgendeinem Trend hinterherläufst oder gar nicht weißt, wieso es überhaupt da ist), dann ist es ziemlich wahrscheinlich, dass dieser Gegenstand dein Zuhause beseelt. Hör also beim Einrichten auf dein Herz, deine Intuition, dein Bauchgefühl (wie auch immer du es nennen willst). Behalten oder Loslassen? Vertraue deinem Gefühl und du wirst die richtigen Entscheidungen treffen.
ATMOSPHÄRE ATMEN: Wie wär’s, wenn wir es uns zur Gewohnheit machen, regelmäßig unser Zuhause abzuschreiten? Öffne die Augen und sieh, schnupper mal wieder richtig hin und stell die Ohren auf Empfang: Was umgibt dich? Lass das traute Heim nie zu vertraut werden! Lockere die Optik mit neuen Elementen auf oder stelle mal ein bisschen um. Oder wie wär’s mit einem frischen Raumduft? Sorge dafür, dass deine Sinne wach bleiben. Neues, Erschnupperbares bereitet uns immer wieder Freude.
RITUALE RETTEN. Manchmal habe ich das Gefühl, die großen Rituale gehen uns verloren. Meine Familie überlegt, an Weihnachten keinen echten Baum mehr zu haben, Dass eine Bekannte neulich mit über dreißig getauft wurde, hat mich ganz unabhängig davon, dass ich keine Christin bin, berührt. Rituale sind überhaupt nicht langweilig. Im Gegenteil: Sie können sogar höchst interessant und feierlich sein und verleihen Ereignissen eine besondere Bedeutung. (Ich glaube, ich werde dem Thema Rituale irgendwann nochmal einen ganzen Artikel widmen, weil ich es einfach superschön und spannend finde.) Jedenfalls können wir kleine Rituale in unseren Alltag integrieren, wenn wir unserer Seele etwas Gutes tun wollen. Martina Goernemann erzählt zum Beispiel, dass sie, immer ihr Sohn länger mit dem Auto unterwegs ist, eine Kerze anzündet, die sie erst dann auspustet, wenn sie weiß, dass er angekommen ist. Ich habe ein Ritual mit meinem Hund: Wenn ich nach Hause komme, läuft er natürlich schwanzwedelnd auf mich zu. Dann kniee ich mich hin, er legt seine Vorderpfoten auf meine Schultern und ich streichle ihm den Bauch. Eine schöne Idee fand ich auch das Murmelglas als „Stolzometer“: Man stelle ein leeres Glas und hübsche Murmeln bereit. Für jedes To Do, das du erledigst, darf eine Murmel in das Glas wandern. Entscheide selbst, welche Arten von Aufgaben dir eine Murmel wert sind. Du kannst auch Murmeln unterschiedlicher Größe nehmen, kleine für nette Aufgäbchen, größere für die richtig dicken Bretter. Am Ende des Tages siehst du genau, was du alles geschafft hast. Ein super Motivator! Mach doch mal eine Liste mit deinen Ritualen: Hast du welche, genug? Welche Rituale sind noch aus deiner Kindheit geblieben? Welche würdest du gerne einführen?
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